Komorbidität bei Suchterkrankungen


      Vortrag zur Komorbidität aus Sicht eines Erfahrungsexperten und Selbsthilfegruppenleiters

      Datum: 08. Juli 2025
      Referent: Stefan Friedlein – Selbsthilfegruppenleiter, Erfahrungsexperte, ehemals selbst betroffen

      Anlass:
      Im Rahmen der PSAG Sitzung Landratsamt Ebersberg hielt Stefan Friedlein einen Vortrag zur Komorbidität von Suchterkrankungen und Depressionen – einem Thema, das in Fachkreisen seit Jahren diskutiert wird, aber in der Praxis therapeutisch nur schwer zusammenzufassen ist.

      Inhalte und Kernaussagen:

      • Komplexität von Anfang an: Viele Betroffene beginnen eine Suchttherapie bereits mit einer schwerwiegenden psychischen Vorerkrankung – insbesondere Depressionen. Diese Doppelbelastung wird in bestehenden Therapiesystem getrennt betrachtet. 

      • Behandlungslogik oft linear statt vernetzt: Die gängige Praxis sieht eine strikte Trennung vor: Erst muss eine stabile Abstinenz erreicht werden, bevor depressive Symptome therapeutisch behandelt werden dürfen. Diese „End to End“ Trennung sei zwar fachlich absolut nachvollziehbar, bilde jedoch nicht immer die Lebenswirklichkeit der Betroffenen ab.

      • Appell für integrative Therapien: Friedlein sprach sich dafür aus, bestehende Denk- und Behandlungsmodelle weiterhin zu hinterfragen. Es brauche umsetzbare Konzepte, die psychische Erkrankungen und Sucht nicht komplett trennen, sondern als komplexes Zusammenspiel begreifen.

      • Potenzial der Selbsthilfe: In Selbsthilfegruppen werde dieser ganzheitliche Ansatz oft längst gelebt. Die Betroffenen sprechen nicht nur über Suchtmittel, sondern über ihre gesamte psychische Situation – ein Erfahrungsraum, der oft fehlt, wenn Therapieangebote zu eng gefasst sind.

      Diskussion und Ausblick:
      Die anschließende Diskussion mit Fachkräften, Politik und Verwaltung zeigte, dass der Wunsch nach geeigneten Lösungen verständlich ist– die tatsächlichen Umsetzungs Möglichkeiten und Konzepte strukturen aber auch eine große Herausforderungen bedeuten kann. Bestehende Systeme, wie zum Beispiel das Integrated Dual Disorder Treatment (IDDT)  sind komplex, ressurcen- und kostenintensiv.  

      Ermutigend: Auf politischer Ebene gibt es bereits erste Vorstöße, die Systeme wieder stärker zu verzahnen. 

      Fazit:
      Der Vortrag hat die Bedeutung eines integrierten Blicks auf Suchterkrankung und psychische Gesundheit aus der Sicht der Betroffenen unterstrichen. Gleichzeitig wurde deutlich: Es braucht weitere mutige Schritte in Politik, Verwaltung und Praxis, um die Lebensrealität der Betroffenen weiter in den Mittelpunkt der Versorgung zu stellen.

      Stefan Friedlein
      Author: Stefan Friedlein

      Mein Spitzname: Mr.Brain. Ich bin der Gründer der Selbsthilfegruppe Saxuminsalo (Fels in der Brandung). Wieso der Spitzname Mr. Brain? In Anlehnung an den inneren Antrieb von Tsukumo Ryusuke, einer japanischen Filmfigur. So wie Tsukumo Ryusuke, habe ich meine ganz eigenen Sicht auf die Welt und die Menschen um mich herum und nehme "skandalöse" Themen in Angriff, für die vielen Menschen der Mut, die Rafinesse oder/und die Courage fehlt. In meinem Fall: Respekt und Gerechtigkeit für psychisch erkrankte Menschen, speziell für Suchtkranke und Suchtkranke mit zusätzlichen affektiven Störungen (Komorbidität).

      Stefan Friedlein
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