Vor kurzem erhielt ich eine Hüftgelenkprothese. Nach der OP bekam ich verschiedene Präparate zur Schmerzlinderung. Neben Ibuprofen und Novalgin befand sich auch Oxycodon darunter.
Das hat mich überrascht und erschrocken. Zum Einen wusste ich nicht, dass Oxycodon – das „Horror“ Medikament der USA schlechthin – bei uns auf dem Markt ist, zum Anderen hätte ich nicht erwartet, dass das Medikament bei mir angewandt werden soll. Ich weiß, das ist etwas naiv, aber ich musste mich bisher nie mit diesem Themenkomlex befassen.
Ich habe umgehend das Pflegepersonal darauf angesprochen und auf meine Situation als abstinenter Suchtkranker hingewiesen. Meine Sorge hinsichtlich eines möglicherweise gefährlichen Triggers und oder einer potentiellen Suchtverschiebung habe ich ebenfalls zum Ausdruck gebracht. Die Antwort war kurz und (für mich) schockierend: „Bei Ibuprofen besteht genauso Suchtgefahr. Das macht also gar keinen Unterschied.“
Seither befasse ich mich nun doch zwangsläufig intensiver mit dem Thema „Anästhesie und postoperative Medikation bei Patienten mit Suchterkrankungen“. Ich war überzeugt, dass ich seitens der Ärzte unnötiger Gefahr ausgesetzt war oder zumindest nicht ausreichend aufgeklärt und beraten wurde.
Bei all dem was ich dazu bis heute gelesen und erfahren habe, gibt es meiner Meinung nach Lücken in der Kommunikation und Dokumentation im Zuge der Vorbereitung und zur Versorgung nach der OP. Man wird zwar danach gefragt, ob man z.B. aktuell Alkohol trinkt oder nicht, manchmal auch wieviel, aber (!) es wird nicht gezielt nachgefragt ob man aktiv oder abstinent Suchtkrank ist oder sich ggf. für Suchtgefährdet einstuft.
Ärzte und Anästhesisten kennen das Gefahrenpotential für den betroffenen Patienten genau. Es gibt zahlreiche Studien, Handlungsempfehlungen und Leitlinien zum Umgang und Schutz suchtkranker Patienten im Zuge einer stationären OP. Das kann niemand einfach ausblenden.
In meinem Fall hätte es vielleicht genügt wenn das Pflegepersonal auch zu diesem Thema geschult und unterrichtet gewesen wäre.
Mein Fazit: Sollte ich je wieder operiert werden, werde ich pro-aktiv meine Suchterkrankung ansprechen und in diesem Zusammenhang nach der postoperativen Medikation fragen.
Weiterführende Links mit Hintergrundinformationen:
„Anästhesie und Analgesie bei Suchtpatienten“ vom DGAI e. V. bzw. BDA e. V.
„SCHMERZTHERAPIE BEI PATIENTEN MIT ABHÄNGIGKEITSERKRANKUNGEN“ vom Luzerner Kantonsspital